Der E-Commerce-Boom schreitet unaufhaltsam voran. Auswahl, ständige Verfügbarkeit und eine schnelle Lieferung sind inzwischen die neuen Grundsätze im endkundenorientierten Warenhandel, sowohl im B2B- als auch B2C-Bereich. Die Digitalisierung, ein Wandel von Lebens- und Arbeitsgewohnheiten sowie ein verändertes Einkaufsverhalten haben diese Entwicklung vorangetrieben – die Pandemie hat sie noch zusätzlich befeuert. Der Bundesverband Paket-und Expresslogistik (BIEK) prognostiziert bis zum Jahr 2025 nahezu 6 Milliarden KEP-Sendungen (Kurier-, Express- und Paketdienste). Bereits im Jahr 2020 wurde mit 4 Milliarden Sendungen ein Rekordergebnis erzielt.¹
Insbesondere in wachsenden Metropolen wie München oder Berlin stellt das Logistiker und Kommunen vor neue Herausforderungen: Um den Kundenanforderungen gerecht zu werden, muss die Logistik möglichst nahe beim Endkunden liegen - entsprechend hoch ist die Nachfrage nach geeigneten Logistikflächen. In den Städten aber trifft das auf ein knappes Flächenangebot und eine in Teilen überlastete städtische Infrastruktur. Es braucht daher urbane Logistiklösungen, die diesen Herausforderungen begegnen und dabei auch dem Wunsch nach lebenswerten, nachhaltigen Städten Rechnung tragen.
Wachsende Bedeutung und Ausdifferenzierung urbaner Logistikimmobilien
Urbanen Logistikimmobilien kommt dabei eine zentrale Rolle zu: Für eine funktionierende City-Logistik und reibungslose Versorgung ist eine ausgeklügelte Logistikkette aus verschiedenen Logistikobjekten an geeigneten Standorten notwendig, die sich beispielsweise an einem Hub-and-Spoke-Konzept orientieren.
Während große E-Fulfillment-Center dabei als Lager-Hubs in der Peripherie der Metropolen dienen, erfolgt die Direktbelieferung der Endkunden auf der letzten Meile über kleinere Umschlagspunkte wie urbane Distributionszentren, Mikro-Fulfillmentlager sowie fest installierte oder mobile Depots zur Feinverteilung der Waren in den Kiezen. Investoren eröffnet das in wachsenden Metropolregionen attraktive Investmentopportunitäten.
Herausforderung Letzte Meile
E-Commerce ist inzwischen der größte Flächennachfrager im Logistiksegment.² Umfragen zeigen, dass 60 Prozent der Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen planen, ihre Logistikflächen auf der letzten Meile aufgrund des stark steigenden Online-Handels in den nächsten zwölf Monaten auszubauen.³ Diese enorm hohe Nachfrage trifft insbesondere in Innenstadtlagen und Ballungsräumen auf nur wenig verfügbare Flächen. Die Wettbewerbssituation unter Logistikern und E-Commerce-Anbietern dürfte sich somit noch weiter verschärfen.
Zum anderen schadet der zunehmende Lieferverkehr dem Klima und verstopft die ohnehin überlasteten Straßen. Studien zeigen, dass Zustellfahrzeuge für rund 80 Prozent der Staus in den Städten verantwortlich sind.⁴ Insbesondere Berlin und München zählen dabei zu den staureichsten Innenstädten Deutschlands.
Die Politik reagiert darauf, indem sie Maßnahmen zur Reduzierung des innerstädtischen Straßenverkehrs vorantreibt und intelligente Logistiklösungen verlangt. Und auch die Endkunden fordern von Zustellern und Online-Einzelhändlern nicht nur immer kürzere Lieferzeiten, sondern auch klimafreundliche Logistiklösungen, etwa durch eine Anlieferung mit dem Lastenrad oder E-Scooter.
Anspruch an Standort und technische Ausstattung ist hoch
Der Anspruch an die Standorte und technische Ausstattung der Flächen ist damit hoch. Für eine funktionierende Logistik auf der letzten Meile rücken die intelligente Integration von Logistikflächen in mischgenutzten Immobilien sowie die Umwidmung und Konversion von Bestandsimmobilien in den Mittelpunkt. Solche Umnutzungen sind mit Blick auf die innerstädtische Flächenknappheit erforderlich. So eignen sich in urbanen Lagen besonders leerstehende Oberetagen von Warenhäusern für die Umwandlung in innerstädtische Mikro-Fulfillment-Center an.
Mikrodepots als fest installierte oder mobile, zentral gelegene Zwischenlager entstehen in leerstehenden Einzelhandelsflächen, in Parkhäusern oder auf Freiflächen. Zusammen mit den Mikro-Fulfillment-Centern erlauben sie eine Same-Hour-Delivery an den Endkunden – insbesondere für Lebensmittellogistiker wie Gorillas oder Flink ist das wichtig. Auf solchen Freiflächen, insbesondere in leerstehenden Einzelhandelsläden in den Zentren, können auch Light-Industrial-Immobilien wie urbane Werkstätten realisiert werden.
Indes können städtische Fulfillment-Center an sekundären Standorten nahe der Innenstadt durch die Umnutzung von Industrieimmobilien oder Fachmärkten wie Elektromärkte und Autohäuser entstehen. Sie stellen so die Verbindung zu den großen E-Fulfillment-Centern in der Peripherie her.
Für die Umsetzung solcher Konzepte gilt zu beachten, dass Logistikdienstleiter und E-Commerce-Anbieter spezifische Bedürfnisse und Anforderungen an ihre Flächen und den Standort der Logistikimmobilien stellen. Besonders wichtig ist eine gute Anbindung an Schienen- und Straßennetz, aber auch gewisse architektonische Voraussetzungen, wie flexible Räumlichkeiten, Zugang zu Erdgeschossen und „Rund-um-die-Uhr-Zugang“ zur Immobilie. Außerdem sollten Gebäude über die geeigneten Technologien verfügen, die das Be- und Entladen der Stockwerke ermöglichen. Über allem steht dabei die Nachhaltigkeit der Immobilie.
Mieterzentrierter Ansatz als Schlüssel zum Erfolg
Ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg ist die tiefe Kenntnis des jeweiligen Marktes sowie der Anforderungen und Bedürfnisse der Logistiker und Online-Händler. Dafür braucht es einen mieterzentrierten Ansatz. Es ist wichtig, dass Immobilienexperten und Logistiker kooperieren, um zentrale Fragestellungen anzugehen, wie beispielsweise hinsichtlich der Bauplanung.
Insbesondere in Berlin und München eröffnen sich mit intelligenten Konzepten attraktive Opportunitäten. In den beiden Städten gibt es eine hohe Nachfrage von E-Commerce-Händlern nach Flächen, wie zum Beispiel in der Lebensmittellogistik. In beiden Metropolen leben die urbanen Communities, die als Zielgruppe besonders affin für neue E-Commerce-Konzepte und nachhaltige Lieferlösungen – etwa mit dem E-Bike – sind. Das führt zu hochdynamischen Logistikmärkten – und damit enormem Entwicklungspotenzial für zukunftsfähige Logistikimmobilien.